blog.zobelnet.de

Reiseprojekte, Gedanken und was es sonst noch gab

Seite 3 von 12

FC Barcelona vs. Paris Saint-Germain

FC Barcelona-Paris Saint Germain

FC Barcelona-Paris Saint Germain


Anfang Dezember war ich im Auftrag von Volkswagen für einen 3-Tages-Workshop bei Seat in Martorell. Neben der beruflichen Herausforderung gab es die Möglichkeit das legendere Camp Nou zu besuchen. Es stand das für den Gruppensieg entscheidende Spiel gegen Paris Saint-Germain an. Wenn dann die Torschützen Lionel Messi, Neymar, Zlatan Ibrahimovic und Luis Suarez heißen dann hat man sich das richtige Spiel ausgesucht. 82.500 Zuschauer – mein Kollege und ich saßen in Block 536 etwa in Höhe der Mittellinie aber doch relativ weit oben. Es genügte jedoch um die Stars auseinander zu halten.
Alles in allem ein schöner Höhepunkt für 4 Tage Barcelona – das nächste Mal möchte ich die Stadt gern bei Tageslicht sehen.

John Niven – Music From Big Pink

John Niven - Music From Big Pink

John Niven – Music From Big Pink


Ein Buch, was einen in die Mitte der 60er Jahre nach Woodstock verschlägt. Man begegnet dem Millieu welches für das Entstehen der Musik verantwortlich war, welche auch mein Leben bis heute geprägt hat. Wenn man diese Zeilen liest, fragt man sich anfangs unweigerlich, ob man nicht etwas verpasst hat, wenn man NICHT gekifft hat. Man begegnet den Leuten von „The Band“ und anderen aus dem Dunstkreis des jungen Dylan – Dylan selbst bleibt wohltuend im Hintergrund – man kann sich aber ganz gut in sein Umfeld von damals hineinfühlen. Was für eine irre und intensive Zeit das damals war.

Stephen King – Doctor Sleep

Stephen King - Doctor Sleep

Stephen King – Doctor Sleep


Stephen Kings Bücher folgen häufig demselben Muster. Zunächst werden langsam die handelnden Personen eingeführt. Gut und Böse ist mehr oder weniger unklar. Gern fügt er am Ende eines Kapitels einen Satz ein, der dem Leser die Beine weghaut – bzw. das Böse einfach kurz aufblitzen lässt. Irgendwann ist es dann soweit – die Geschichte nimmt Fahrt auf – es ist kaum noch möglich, das Buch beiseite zu legen. Es ist schon erstaunlich, wie er das jedes Mal schafft.
Dr. Sleep ist der Nachfolger von Shinning (1977). Dieses Buch habe ich erst vor einem halben Jahr gelesen. Dr. Sleep wird den Erwartungen eines Shinning-Lesers gerecht. Das Buch ist moderner, spielt in der Gegenwart. Stephen King sagt im Nachwort, dass er selbst schon lange wissen wollte, was aus Danny in den letzten Jahren geworden ist. Toll, wenn solche Figuren tatsächlich zum Leben erwecken, sie sich scheinbar vom Autor unabhängig entwickeln. Man sollte Shinning schon gelesen haben, um in den vollen Genuss zu kommen.
Alles in allem ist es ein Buch, welches vom Leser nicht viel erwartet – es ist keine anspruchsvolle Literatur – eigentlich genau das richtige für die Feierabende. Wie immer werden die Ur-Ängste stimuliert – man kann sich als Leser einfach in einer spannenden Geschichte treiben lassen – verloren geht man nie – natürlich weiß man, wie es ausgeht – aber die Wege dahin, sind ab und zu überraschend. Trotzdem ist es nie langweilig. Stephen King legt wie immer ein schönes Tempo hin – es wird nicht das letzte Buch gewesen sein, welches ich von ihm gelesen habe.

Nick Cave 20,000 days on earth

Gestern Abend war ich das erste Mal in Braunschweig im Kino. Ein sehr angenehmes kleines Programmkino in der Innenstadt. Hier muss ich demnächst wieder auftauchen.
Nick Cave hat einen Film gemacht. Ich habe ihn in der OmU-Fassung gesehen – alles andere macht eigentlich keinen Sinn – ich glaube auch nicht, dass es dafür eine synchronisierte Fassung gibt. Besser wäre es fast gewesen, wenn die Untertitel nicht da gewesen wären.
Nick Cave spricht ein ziemlich britisches klares Englisch. Dieser Film steht in einer Reihe mit grandiosen Konzerterlebnissen und einem sehr bemerkenswerten Buch. Für jeden Jünger eigentlich ein Muss – und man wird nicht enttäuscht!. Es gibt Musik – nicht vordergründig aber viel mehr verstehbar als es in einem einzelnes Konzert möglich ist. Nick Cave berichtet von seinem 20.000stem Tag auf Erden – er will damit suggerieren, dass es ein ganz normaler Tag für ihn ist – es fällt mir etwas schwer zu glauben, dass es ein „typischer“ Tag für ihn ist – aber er behauptet es.
Nick  möchte Bilanz ziehen – er erzählt sehr intensiv von seiner Kindheit, seinen (ersten) Erlebnissen mit Frauen oder von seinem Leben in Berlin. Er beschreibt seinen Antrieb für seine Arbeit – warum er Konzerte gibt oder was er von Studio-Sessions erwartet. Seine Mitstreiter haben angemessenen Raum und er nimmt sich selbst nicht wichtiger als nötig. Was mich berührt, ist die Tatsache, dass er sehr philosophisch wird und das man sein eigenes Leben dagegen halten kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Ja – ich habe sogar erkannt, warum ich seine Art, Musik zu machen, so mag – ich kann jeden Gedanken seinerseits sehr nachvollziehen – man kann in machen Belangen fast von Seelenverwandtschaft sprechen.
Er schildert, wie ein Song entsteht – er lässt alte Weggefährten wie Blixa Bargeld und Kylie Minouge zu Wort kommen – und er huldigt seiner derzeitigen Heimatstadt Brighton. Nick Cave wirkt frisch, jung, intelligent und ausgeruht – es entsteht der unmittelbare Wunsch, das nächste Konzert auf jeden Fall zu besuchen und diesen Typen wieder hautnah schimpfend zu erleben.

Radtour Leipzig-Bautzen – ein Kleiner ganz groß

Am letzten Wochenende war es soweit. Konrad und ich fieberten schon seit geraumer Zeit auf dieses Wochenende hin. Wir wollten mit dem Fahrrad von Leipzig nach Bautzen fahren. Ob das Wetter hält, ob die Strecke gut geplant war und ob der Papa vielleicht doch die Kräfte seines Sohnes überschätzt hat – das alles waren Fragen, die erst am Ende der Tour beantwortet werden konnten.
Mama verabschiedete uns auf der Straße – der Rucksack war gut gepackt – alle waren wir etwas nervös – Oma wollte vom Balkon aus noch wissen, ob Konrad auch Handschuhe dabei hat.
Um es vorweg zu nehmen – alle Fragen konnten positiv beantwortet werden – außer die nach den Handschuhen. Am Freitag starteten wir also gegen 10:30 bei Nieselregen und 14 Grad und hatten über 80 Kilometer vor der Brust. Kaum hatten wir Leipzig in Richtung Holzhausen verlassen, kehrte Ruhe ein und wir genossen die Nebenstraßen – auch wenn es etwas pieselig war.
In Trebsen genehmigten wir uns ein schönes Mittagessen. In diesem Ort scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Es gab in der örtlichen Gastwirtschaft „Zum Anker“ echte Hausmannskost wie zu sehr frühen Zeiten. Dabei war es gar nicht so gut, dass wir uns hier die Mägen voll schlugen – schließlich folgten die harten Prüfungen noch an diesem Tag. Aber eine Rolle Traubenzucker aus der Trebsener Apotheke baute Konrad wieder auf.
Danach ging es jedoch richtig los. Kurz hinter Trebsen führte uns das von Google gespeiste Navi in einen großen Wald. Es war matschig und es ging mindestens 10km den Berg hinauf. Als wir den Wald verließen waren wir in Colm und fuhren an einem großen Sendemast vorbei. Von nun an werden wir den Colmer Berg von der Autobahn aus mit anderen Augen sehen. Hinter Colm folgte Obercolm aber dann wurden wir mit einer 5km langen Abfahrt hinunter nach Oschatz belohnt. Hier im Wald war die einzig wirklich kritische Situation – aber Konrad hat sich wunderbar durchgekämpft. Die Abfahrt hat neue Kräfte freigesetzt und so rollten wir locker bis Riesa. Die Pension hier war klein aber okay. Wir spazierten noch etwas durch die Fußgänger-Promenade und entschieden uns am Ende für ein italienisch-indisches Restaurant, was Konrad gleich zu Beginn im Auge hatte. Es schmeckte vorzüglich und wir genossen die Zeit für Gespräche zwischen Vater und Sohn – irgendwie ahnten wir, dass es in den nächsten zwei Tagen noch viel besser werden sollte.

kurz_vor_Riesa

kurz vor Riesa


Und so kam es. Am zweiten Tag gab es Genussradeln an der Elbe entlang. Die Sonne schien – es gab Wind von hinten – wir legten sehr schnell alle überflüssigen Sachen ab und genossen den Elberadweg. In Dresden übernachteten wir in Blasewitz bei meinem Radkumpel Hendrik. Wir waren recht zeitig da und Hendrik wollte auch gern ne Runde drehen – Konrad war sowieso an diesem Tag noch nicht ausgelastet. Hendriks jüngste Tochter freute sich über einen gleichaltrigen Spielkameraden – also radelten wir noch etwas den Elberadweg entlang und kehrten zum wiederholten Mal zum Eisessen an diesem Tage ein. Mama war auch schon in Dresden und war stolz auf ihre beiden Männer!
Mittagspause in Meißen

Mittagspause in Meißen


unterwegs

unterwegs


Pause_in_DD_Konrad

Pause in Dresden – Konrad


Pause_in_DD_Papa

Pause in DD – Papa


Am Sonntag schließlich ging es nach Bautzen. Dieser Tag war mehr als sonnig – gleißendes Licht führte uns die Berge hinauf und hinunter. Die Grundstraße, ausgehend vom Elbufer in Dresden, bis hinauf nach Weißig war eine erste Prüfung für Konrad, aber er bestand sie, ohne abzusteigen. Danach ging es weiter nach dem Motto „auf und nieder immer wieder“ – in Bischofswerda gab es ein sportliches Eis und wir säuberten unsere Räder an der örtlichen Tankstelle. Somit kamen wie in Bautzen mit sauberen Rädern an – das Begrüßungskommitee war gut organisiert. Zwei Omas, ein Opa, die Mama und der kleine Bruder bereiteten uns einen ganz tollen Empfang mit selbst gebastelten Ziel-Schildern. Ein Reporter vom Fernsehen war da – man fühlte sich wie auf der Avenue des Champs-Élysées.
bald_sind_wir_da

bald sind wir da


Bautzen-Friedensbrücke

Bautzen-Friedensbrücke


Ortseingang_Bautzen

Ortseingang – Ziel


Konrad bekam als Tagessieger einen Pokal für 204 erfolgreiche Kilometer und Papa war glücklich, denn es wird nicht unsere letzte Mehrtages-Tour sein – vielleicht geht es nächstes Jahr zu unseren Verwandten in die Altmark. Konrad wollte schon mal wissen, wie weit es bis Paris ist 🙂
pokal

Siegerpokal

Andreas Altmann – Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend

Andreas Altmann - Andreas Altmann - Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend

Andreas Altmann – Andreas Altmann – Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend


Dieses Buch habe ich mir zum Geburtstag von meinen Eltern gewünscht. Vielleicht keine ganz so gute Idee – Papa hatte gewisse Probleme, das gewünschte Werk der Buchhändlerin zu buchstabieren. Im nachhinein habe ich mir den Dialog der beiden vorgestellt und musste doch ein wenig schmunzeln. Aber auf der anderen Seite war das genau der richtige „Bestellworkflow“. Immerhin handelt es sich bei der beschriebenen Generation um die Generation meiner Eltern und auch da sind gewisse Themen sicher verdrängt worden. Das Interesse dieses „Grundlagenwerk zur Erziehung der Kinder“ zu lesen besteht jedenfalls auch auf der Seite meiner Eltern – obwohl ich schon den Eindruck habe, dass da Dinge beschrieben werden, die sich sonst niemand traut zu sagen. Aber macht nicht genau das gute Literatur aus?? Und wie schwer ist es, solche Dinge zu finden und zu beschreiben, ohne dass es peinlich wirkt.
Ja, so wie der Andreas Altmann müsste man schreiben können. Grundlagenwerk zur Erziehung von Kindern ist vielleicht zu weit hergeholt – aber es geht halt um eine extreme Variante der Erziehung, die besonders im Nachkriegs-(West-)Deutschland und vor allem in dem miefigen Kaff Altötting gepflegt wurde. Er beschreibt hier seine eigene Kindheit und wie er aus eigener Kraft vom Opfer zum freien Menschen wird. Irgendwie haben wir doch alle diesen Prozess durch. Wenn auch nicht in dieser Extremität. Für mich war es absolut ergreifend, welche Ideen er entwickelt, welche Wege er sucht, welche Allianzen er gründet und mit welcher Beharrlichkeit er um seine eigenen Ziele kämpft. Ja fast scheint es so, dass das schwierigste im Leben das Definieren der richtigen Ziele ist.
Mit 17/18 schafft er es, sich aus einer für ihn mehr als ungünstigen, ja existentiell bedrohenden Umgebung zu befreien – ebenso lange dauert es, bis er sein eigentliches Lebensziel definieren und verwirklichen kann und er zum reisenden Schreiberling wird. Er nennt das „Reporter“ – einer der zurückträgt, was er erlebt.
Fast zwangsläufig vergleicht man die beschriebenen Situationen und Erziehungsmaßnahmen mit den eigenen Verhältnissen und vor allem den Erziehungsmethoden unter denen die eigenen Kinder aufwachsen. Die Wohlstandsverwahrlosung ist ein reelles Problem und dagegen anzukämpfen ist ebenso wichtig wie zu vermeiden, dass man die eigenen Kinder schlägt. Das ist das Fazit, welches ich aus diesem Buch ziehe.
Gern hätte ich meine Gedanken mit ihm geteilt – aber seine Kontakt-Seite hat mich doch davon abgehalten. Diese Seite ist so bemerkenswert, dass ich sie hier zitieren möchte:
Zitat von Kontaktseite Andreas Altmann:

Ein paar Bemerkungen zu der Kontaktadresse: Bitte schicken Sie keine Texte. Auch keine, die davon berichten, wie Sie bei minus 24 Grad, ohne Sonnenbrille und nur auf einem Bein vom Nordpol zum Südpol gehüpft sind. Immer in Begleitung Ihrer zwei Lieblingsesel. Denn ich habe inzwischen die Erfahrung gemacht, dass jeder Einsender nur darauf wartet, zum Reporter-Genie des 21. Jahrhunderts ausgerufen zu werden. Das geht nicht, so viele Genies haben wir nicht.
Bitte auch keine Bücher schicken, auch keine Fotos von Lesungen, rein gar nichts, auch keine Fragen. Ich verspreche gleich hoch und heilig, sie NICHT zu beantworten. Das Bisschen, das ich weiß, steht in meinen Büchern. Also: Nichts schicken, denn mein ungeheuer bescheidenes Ziel ist es doch: jeden Tag weniger zu besitzen. Klar, bewegende Gedanken und Hintergedanken, himmlische Wörter, die schon mailen. Die nehme ich gern. Von jedem, der sie verschenken will. Auch Einladungen zu stundenlangen Rückenmassagen, auch Gutscheine für Übernachtungen in eleganten Hotels, ja Dinners in Weltstädten. Nur her damit. Auch kleine Geschenke nach Lesungen (die Rittersport-Schokoladen-Diät ist VORBEI, jetzt bitte eine Banane oder ein Joghurt oder Weintrauben), Gegenstände eben, die meinen Körper am nächsten Tag wieder geschmeidig verlassen: Ich sage mit Dankbarkeit Ja! Noch einmal hundert Mal JA, wenn es bei einer Mail bleibt, in der jemand seine Gedanken und/oder sein Vergnügen (beim Lesen meiner Bücher) ausdrückt. Bitte hinterher nicht auf die bahnbrechende Mailkorrespondenz spekulieren. Sie wird nicht stattfinden. Denn ich werde bereits geschunden und gejagt wie eine freilaufende Hyäne.
Ich will versuchen, auf jede der zahlreichen Mails zu antworten, die freundlich ist und ohne Häme auskommt. Denn wer auf Erden würde sich nicht über das Amüsement der LeserInnen über seine Arbeit freuen. Auch Hinweise auf (Druck-)Fehler sind willkommen. Wer das nicht schafft, eben alle notorisch Beleidigten, die gern und ausgiebig auf meine Bücher spucken, bitte: Don’t write! Bedenken Sie, wie jämmerlich Sie als virtueller Maulheld wirken. Drängt es Sie tatsächlich, loszuprusten, dann kommen Sie zu einer Lesung, stehen hinterher auf und machen Ihrem geschundenen Herzen Luft. Das hat Format, das bringt Glanz in Ihr Leben.

 

Konzerte von Bob Dylan & Neil Young oder warum man doch ab und zu Äpfel mit Birnen vergleichen muss

Nehmen wir es vorweg. Ich habe die letzten Jahre sowohl Bob Dylan als auch Neil Young sehr oft live gesehen und dabei viele sehr schöne Abende erlebt. Leider geht in letzter Zeit die Schere bei den beiden Meistern etwas auseinander. Dylan spielte am 03.07.2014 in Zwickau und wirkt leider von Jahr zu Jahr immer klappriger.

03.07.2014 BobDylan in Zwickau

03.07.2014 BobDylan in ZwickauNN


Neil Young war am 26.07.2014 in Dresden an den Elbwiesen und er machte einen absolut fitten und vitalen Eindruck.
26.07.2014 - Neil Young in Dresden

26.07.2014 – Neil Young in Dresde


Klar, Dylan ist schon 73, Young „nur“ 68 – aber trotzdem wirkte Bob, der eine Meister, ein wenig überspielt. Die Hand macht Sorgen – es reicht nicht mehr zum Gitarre spielen. Was mich aber am meisten stört ist, dass er alle seine Songs nach dem gleichen Schema darbietet. Er scheint sich nicht um die geheimen Wünsche des treuen Publikums zu scheren – er zieht eben sein Ding durch.
Ganz anders bei Neil Young. Er spielt am Ufer der Elbe und hat extra für diesen Abend als Opener „Down by the River“ ausgewählt und jamt und rockt diesen Titel knappe 30(!) Minuten. Er bietet in diesem Stück alles was man als Fan so mag. Keiner verzerrt die Gitarre so gekonnt wie Neil Young. Es geht ein wahres Gewitter über das Publikum nieder. Das Soll für so ein Konzert ist bereits nach dem ersten Titel erfüllt – aber wir bleiben natürlich bis zum Ende. Zumal wir zu diesem Zeitpunkt schon drei Stunden in den Knochen haben, um vorn in der Mitte stehen zu können.
Als zweites spielt Neil Young den für mich perfekten Opener Powderfinger. So ging es schon letztes Jahr in Berlin (Waldbühne) los. Dieser Song elektrisiert ab dem ersten Akkord. Andere heben sich sowas für die Zugabe auf. Neil Young könnte den ganzen Abend solche Kracher spielen.
Wegen des langen ersten Songs wird wahrscheinlich der akustische Teil des Konzerts etwas gekürzt. Es gibt „nur“ Blowing in the wind und  Heart of Gold. Aber auch hier zeigen sich wieder die Unterschiede zum anderen alten Meister. Während Bob „sein“ Blowing in the Wind in exakt dem selben Stil wie die restlichen Songs spielt (also verfremdet auf 20er/30er Jahre Art) entwickelt Young den Song tatsächlich weiter. Wenn ein knapp 70 Jahre alter Mann Blowing in the Wind und Heart of Gold singt, kann das durchaus etwas albern wirken – nicht so bei Neil Young. Ihm nimmt man diese Songs ab – er spielt sie mit Einsatz und Überzeugung.
Er hat ein Thema, welches den gesamten Abend durchzieht. Am Eingang bekommt jeder Gast ein schwarzes T-Shirt. Bei den Männern steht „Earth“ drauf – bei den Frauen „protect“ – Young preist das T-Shirt während des Konzerts als „Geschenk“ – als Gegenleistung erwartet er, dass jeder „seinen Teil beiträgt“ – er redet mit dem Publikum und hat sichtlich Spaß – besonders bei den langen Jams. Er hat auch deutlich abgenommen und wirkt so, als ob wir noch lange nicht sein letztes Konzert erlebt haben. Dylan redet kaum drei Worte und macht eher einen griesgrämigen Eindruck – ich glaube er braucht mal eine Pause. Trotzdem werden wir wohl auch das nächste Mal wieder hingehen – er ist halt DIE Legende. Leider versteht man seine Texte wenig. Höhepunkt in Zwickau war für mich ein Bob-Dylan-Double, der vor der Stadthalle stand und noch eine Stunde nach Ende des Konzerts, den klassischen Dylan vor einem wachsenden Publikum gab – da merkte man, wie ausgehungert das Publikum nach dem Dylan der 60er und 70er Jahre war.
Neil Young stattdessen hat sich offensichtlich genau überlegt, was hier in Dresden zieht. Songs von der Mirror Ball CD waren genau so dabei, wie der Soundtrack zur politischen Wende im Osten Rocking in a free world.
Auf der Albertbrücke standen Dutzende Menschen und verfolgten das Konzert aus mindestens 300m Entfernung. Neil Young hatte auch für diese Fans einen Gruß und ein paar Worte. Das Areal war mit ca. 12.000 Plätzen etwas klein – wir hatten um die 30 Grad – aber die Dresdner Silhouette ist schon stark für so einen Abend. Ich war froh, dass Dylan in Zwickau und Young in Dresden gespielt hat. Ich drücke Bob die Daumen, dass ich auch noch einmal so euphorisch über ihn schreiben kann, wie ich es nach seinem Konzert in Cottbus oder vor Jahren auf der Peißnitz-Insel in Halle, oder unvergessen in Glauchau oder das letzte Mal in der Jungen Garde getan hätte. Und ich hoffe, dass Neil Young auch nächstes Jahr in der 500 Meilen Zone auftaucht.
Hier noch die Setlist vom Abend in Dresden:
01. Down By The River
02. Powderfinger
03. Standing In The Light Of Love
04. Days That Used To Be
05. Living With War
06. Love To Burn
07. Name Of Love
08. Blowin‘ In The Wind
09. Heart Of Gold
10. Barstool Blues
11. Psychedelic Pill
12. Rockin‘ In The Free World
13. Who’s Gonna Stand Up And Save The World

« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »

© 2024 blog.zobelnet.de

Theme von Anders NorénHoch ↑