Reiseprojekte, Gedanken und was es sonst noch gab

Schlagwort: Konrad

Hochrhöner – Tag 5 (21.10.21)

Im Sturm zurück nach Hessen

Das Sturmtief Ignaz wirbelt unsere Pläne durcheinander. Die Bahn stellt ihren Betrieb ein. Autobahnen werden für LKW gesperrt.

Schon kurz nach 7 checken Anja und ich die Lage. Auf dem Ellenbogen gibt es Windböen mit über 100km/h. Gegen den Wind zu laufen, wäre unmöglich – mit Rückenwind schon. Die Situation ist kritisch. Wir entscheiden, dass ich mit den Jungs die Wanderung wage. Die Damen nehmen das Auto.

Die Bäume werden bedrohlich gebogen. All unsere Sinne sind wach als wir durch den Wald wandern. Wir hören einen lauten Knall – ein Schauer läuft uns den Rücken herunter – Jakob sagt mit ernstem Gesicht nur vier Worte: „Das war ein Baum.“

Nach reichlich 5km treffen wir auf den Damenwagen.

Jakob hatte heute Morgen starkes Nasenbluten und fühlt sich nicht so optimal. Er nutzt die Chance, um bei kaltem Regenwetter und Sturm ins Auto zu steigen.

Der kleine Rest wandert weiter. Plötzlich kommt die Sonne raus – in den Tälern lässt der Wind merklich nach. Wir haben sehr schöne Aussichten und müssen uns trotzdem vorsehen.

Da und dort sind Bäume umgestürzt. Aber nirgends ist es wirklich gefährlich. Es scheint, dass es das Risiko wert war. Wir werden mit einem wunderschönen Tag belohnt.

Der Damenwagen fährt in die Nähe des Zielortes – die Insassen wandern uns entgegen. Es geht entlang des Grünen Bandes – des ehemaligen Todesstreifens, wo man auch heute noch Hinweise bekommt, dass nicht alle Anti-Personenminen gefunden werden konnten, man deshalb den Weg nicht verlassen soll.

Die letzten 5km genieße ich einen Allein-Spaziergang durch bedrohlich wankende Alleen. Da wir den Wanderweg für die Übernachtung verlassen müssen, ist es natürlich erlaubt, das Auto zu nehmen – wir sind alle froh, sicher in der Unterkunft angekommen zu sein.

Es geht nach Schlitzenhausen, wo die Kinder schon frisch geduscht vorm Fernseher der Pension „Zum Lämmchen“ sitzen. Gastgeberin und Inhaberin ist Frau Wolf, geborene Kalb.

Schlitzenhausen am Abend

Hochrhöner – Tag 4 (20.10.21)

Über die Lange Rhön zum Ellenbogen

Wir lassen uns mit dem Auto vom Heckenhof zurück zum Wanderweg bringen. So sparen wir mindestens 200 Höhenmeter und starten auf dem Kamm der Langen Rhön – erlaubt sollte diese Hilfe sein, schließlich sind wir gestern ja vom Kamm ins Tal abgestiegen und haben somit den Wanderweg nicht verlassen.

Die Lange Rhön ist die Ostroute des Hochrhöners. Heute haben wir endlich mal Fernsicht.

Wir verlassen Bayern und kommen nach Hessen. Wir nähern uns der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze und besichtigen später Reste der alten Sicherungsanlagen.

Viele Höfe, die es hier gab wurden in der damaligen Zeit geschliffen – nur kleine Hinweisschilder zeugen von dieser unheimlichen Zeit.

Es ist kühl. Das Schwarze Moor lassen wir unbesucht.

Der Ellenbogen liegt bereits in Thüringen. Ein hübscher Name für einen Berg mit toller Aussicht. Wir übernachten im Eisenacher Hof.

Der Chef fährt mich zurück zum Auto und verfährt sich dabei – obwohl er hier aufgewachsen ist, kennt er die jenseits der ehemaligen Grenze gelegenen Gebiete eher wenig. Diese Aktionen sind eine tolle Möglichkeit, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.

Abends gibt es große Schnitzel mit guter Stimmung. Wir spielen Billard. Friedrich und Jakob haben die Nase vorn.

Hochrhöner – Tag 3 (19.10.21)

Wir starten morgens im dichten Nebel oben auf dem Kreuzberg. Es nieselt und ist kühl – trotzdem ist die Stimmung ausgelassen. Abwechslung ist der beste Stimmungstreiber.

Auch die SpuSi ist dabei

Es geht den Berg hinunter, bald jedoch wieder steil nach oben.

Der Himmeldunkberg soll ein Highlight unserer Tour sein. Wir jedoch sehen die Hand vor Augen nicht.

Die Gruppe zieht sich auseinander. Vor uns laufende Teilnehmer unserer Gruppe sind nur wie schemenhafte Geister wahrzunehmen. Es ist surreal aber irgendwie abenteuerlich. Julika hat heute immer jemanden an ihrer Hand – zu groß ist die Angst, sie zu verlieren.

Die positive Spannung überträgt sich auf die Kinder. Wir sind nun „drin“ in der Tour.

In der Hütte „Hohe Hölle“ machen wir Rast. Selten treffen wir andere Wanderer.

Später kochen wir uns eine scharfe Nudelsuppe. Es gibt keinen Stress – alle ziehen mit.

Wir übernachten bei einem älteren Ehepaar. Ich hole mit ihnen das Auto vom Kreuzberg und bringe einen Berg gut gefüllter Pizzakartons mit.

Wir haben einen schönen Abend im „Heckenhof“ und freuen uns schon auf den nächsten Tag.

Hochrhöner – Tag 2 (18.10.21)

Der zweite Tag ist komplett anders. Der Aufstieg auf den Kreuzberg steht an.

Wir starten in Premich – es geht den ganzen Tag bergauf

Die Jungs schlagen ein Tempo an, dem wir nicht gewachsen sind. Am Ziel haben sie einen Vorsprung von über einer Stunde. Über komoot halten wir uns zwischendurch über den jeweiligen Standort auf dem Laufenden. So wissen die Erwachsenen immer, was sie noch erwartet und wo die Jugendlichen sich befinden.

Unterwegs gibt es immer wieder frische Äpfel und Naschereien aus dem Rucksack.

Der Aufstieg zum Kreuzberg ist steil und anstrengend. Am Ende lässt Julika uns stehen und geht einfach locker voran als ob es ihr überhaupt nichts ausmachte.

Das Kloster Kreuzberg ist sehr touristisch – das Angebot an Speisen entspricht dem Großküchenstandard in Bayern. Aber ein Maß muss sein.

Schwieriger ist die Sache mit dem Auto. Nach etwas Herumfragen sitze ich bei einer feschen Blondine in einem Rufbus. 2 Minuten nach Fahrtantritt erklärt sie mir, dass sie mich bis Premich fahren kann, ihr Chef aber ein Preis von 25 € angeordnet hat. Ich habe keine Alternative und werde professionell den Berg hinunter expediert.

Abends würfeln wir und haben eine entspannte Zeit im Ordenshaus.

Leider liegt der Gipfel im Nebel, sodass die Aussicht sich in Grenzen hält.

Hochrhöner – Tag 1 (17.10.21)

Wir wanderten zu sechst den Hochrhöner – eine besondere Herausforderung. Es ist Herbst, die Wetteraussichten sind eher gemischt. Keiner weiß genau, was uns erwartet.

Julika ist erst 8, Friedrich 12, Jakob 13 und Konrad 17 Jahre alt.

Für Not- und Ausfälle haben wir das Auto dabei, aber wir sollten es kaum brauchen. Es machte uns da und dort das Leben leichter aber es sorgte auch für etwas organisatorischen Aufwand – schließlich musste es täglich nachgeholt werden.

Wir starteten in Bad Kissingen. Den Kurort kannte ich schon von einer Radtour mit Konrad. Dieses Mal gefiel mir der Ort besser. Wir wanderten durch den Ort und sahen viele verschiedene botanische Raritäten. Die Kuranlagen haben ihre beste Zeit schon vor vielen Jahren erlebt – aber man versucht irgendwie das Flair in die Zukunft zu retten.

Bad Kissingen – alles ist sehr gepflegt – ein Springbrunnen ist dankbares Fotomotiv.

Nach 2km klagt Julika über Schmerzen im Fuß. Erste Zweifel kommen, wie das auf den vor uns liegenden mehr als 100km weitergehen soll. Die Zweifel verstärken sich, als nach ca. 5km Jakob die erste Blase am Fuß hat und die Jugend ein mehr als schleppendes Tempo an den Tag legt.

Wir laufen durch bunte Buchenwälder. Der Zauber des Herbstes nimmt uns ein. Die Luitpoldeiche und viele Kreuze und Marienbildnisse erinnern uns daran, dass wir in Bayern sind.

Am Klaushof überrascht uns ein Wildpark. Hirsche rufen laut und passen auf ihre Herde auf. Diese Szenerie zieht plötzlich auch die Kinder in ihren Bann.

Am frühen Abend erreichen wir Premich und übernachten in einfachen Zimmern ohne Fernseher und WLAN – eine Herausforderung für die Kinder.

Ich laufe durch den Ort, um jemanden zu finden, der mich nach Bad Kissingen fährt, um das Auto zu holen. Es braucht nur zwei Versuche und ich erlebe einen sportlichen Audi-Fahrer, der die kurvenreiche dunkle Strecke nach Bad Kissingen in Bestzeit zurücklegt. Auf dem Rückweg kann ich gerade so dranbleiben.

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