Reiseprojekte, Gedanken und was es sonst noch gab

Kategorie: Bücher (Seite 2 von 2)

John Niven – Music From Big Pink

John Niven - Music From Big Pink

John Niven – Music From Big Pink


Ein Buch, was einen in die Mitte der 60er Jahre nach Woodstock verschlägt. Man begegnet dem Millieu welches für das Entstehen der Musik verantwortlich war, welche auch mein Leben bis heute geprägt hat. Wenn man diese Zeilen liest, fragt man sich anfangs unweigerlich, ob man nicht etwas verpasst hat, wenn man NICHT gekifft hat. Man begegnet den Leuten von „The Band“ und anderen aus dem Dunstkreis des jungen Dylan – Dylan selbst bleibt wohltuend im Hintergrund – man kann sich aber ganz gut in sein Umfeld von damals hineinfühlen. Was für eine irre und intensive Zeit das damals war.

Stephen King – Doctor Sleep

Stephen King - Doctor Sleep

Stephen King – Doctor Sleep


Stephen Kings Bücher folgen häufig demselben Muster. Zunächst werden langsam die handelnden Personen eingeführt. Gut und Böse ist mehr oder weniger unklar. Gern fügt er am Ende eines Kapitels einen Satz ein, der dem Leser die Beine weghaut – bzw. das Böse einfach kurz aufblitzen lässt. Irgendwann ist es dann soweit – die Geschichte nimmt Fahrt auf – es ist kaum noch möglich, das Buch beiseite zu legen. Es ist schon erstaunlich, wie er das jedes Mal schafft.
Dr. Sleep ist der Nachfolger von Shinning (1977). Dieses Buch habe ich erst vor einem halben Jahr gelesen. Dr. Sleep wird den Erwartungen eines Shinning-Lesers gerecht. Das Buch ist moderner, spielt in der Gegenwart. Stephen King sagt im Nachwort, dass er selbst schon lange wissen wollte, was aus Danny in den letzten Jahren geworden ist. Toll, wenn solche Figuren tatsächlich zum Leben erwecken, sie sich scheinbar vom Autor unabhängig entwickeln. Man sollte Shinning schon gelesen haben, um in den vollen Genuss zu kommen.
Alles in allem ist es ein Buch, welches vom Leser nicht viel erwartet – es ist keine anspruchsvolle Literatur – eigentlich genau das richtige für die Feierabende. Wie immer werden die Ur-Ängste stimuliert – man kann sich als Leser einfach in einer spannenden Geschichte treiben lassen – verloren geht man nie – natürlich weiß man, wie es ausgeht – aber die Wege dahin, sind ab und zu überraschend. Trotzdem ist es nie langweilig. Stephen King legt wie immer ein schönes Tempo hin – es wird nicht das letzte Buch gewesen sein, welches ich von ihm gelesen habe.

Andreas Altmann – Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend

Andreas Altmann - Andreas Altmann - Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend

Andreas Altmann – Andreas Altmann – Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend


Dieses Buch habe ich mir zum Geburtstag von meinen Eltern gewünscht. Vielleicht keine ganz so gute Idee – Papa hatte gewisse Probleme, das gewünschte Werk der Buchhändlerin zu buchstabieren. Im nachhinein habe ich mir den Dialog der beiden vorgestellt und musste doch ein wenig schmunzeln. Aber auf der anderen Seite war das genau der richtige „Bestellworkflow“. Immerhin handelt es sich bei der beschriebenen Generation um die Generation meiner Eltern und auch da sind gewisse Themen sicher verdrängt worden. Das Interesse dieses „Grundlagenwerk zur Erziehung der Kinder“ zu lesen besteht jedenfalls auch auf der Seite meiner Eltern – obwohl ich schon den Eindruck habe, dass da Dinge beschrieben werden, die sich sonst niemand traut zu sagen. Aber macht nicht genau das gute Literatur aus?? Und wie schwer ist es, solche Dinge zu finden und zu beschreiben, ohne dass es peinlich wirkt.
Ja, so wie der Andreas Altmann müsste man schreiben können. Grundlagenwerk zur Erziehung von Kindern ist vielleicht zu weit hergeholt – aber es geht halt um eine extreme Variante der Erziehung, die besonders im Nachkriegs-(West-)Deutschland und vor allem in dem miefigen Kaff Altötting gepflegt wurde. Er beschreibt hier seine eigene Kindheit und wie er aus eigener Kraft vom Opfer zum freien Menschen wird. Irgendwie haben wir doch alle diesen Prozess durch. Wenn auch nicht in dieser Extremität. Für mich war es absolut ergreifend, welche Ideen er entwickelt, welche Wege er sucht, welche Allianzen er gründet und mit welcher Beharrlichkeit er um seine eigenen Ziele kämpft. Ja fast scheint es so, dass das schwierigste im Leben das Definieren der richtigen Ziele ist.
Mit 17/18 schafft er es, sich aus einer für ihn mehr als ungünstigen, ja existentiell bedrohenden Umgebung zu befreien – ebenso lange dauert es, bis er sein eigentliches Lebensziel definieren und verwirklichen kann und er zum reisenden Schreiberling wird. Er nennt das „Reporter“ – einer der zurückträgt, was er erlebt.
Fast zwangsläufig vergleicht man die beschriebenen Situationen und Erziehungsmaßnahmen mit den eigenen Verhältnissen und vor allem den Erziehungsmethoden unter denen die eigenen Kinder aufwachsen. Die Wohlstandsverwahrlosung ist ein reelles Problem und dagegen anzukämpfen ist ebenso wichtig wie zu vermeiden, dass man die eigenen Kinder schlägt. Das ist das Fazit, welches ich aus diesem Buch ziehe.
Gern hätte ich meine Gedanken mit ihm geteilt – aber seine Kontakt-Seite hat mich doch davon abgehalten. Diese Seite ist so bemerkenswert, dass ich sie hier zitieren möchte:
Zitat von Kontaktseite Andreas Altmann:

Ein paar Bemerkungen zu der Kontaktadresse: Bitte schicken Sie keine Texte. Auch keine, die davon berichten, wie Sie bei minus 24 Grad, ohne Sonnenbrille und nur auf einem Bein vom Nordpol zum Südpol gehüpft sind. Immer in Begleitung Ihrer zwei Lieblingsesel. Denn ich habe inzwischen die Erfahrung gemacht, dass jeder Einsender nur darauf wartet, zum Reporter-Genie des 21. Jahrhunderts ausgerufen zu werden. Das geht nicht, so viele Genies haben wir nicht.
Bitte auch keine Bücher schicken, auch keine Fotos von Lesungen, rein gar nichts, auch keine Fragen. Ich verspreche gleich hoch und heilig, sie NICHT zu beantworten. Das Bisschen, das ich weiß, steht in meinen Büchern. Also: Nichts schicken, denn mein ungeheuer bescheidenes Ziel ist es doch: jeden Tag weniger zu besitzen. Klar, bewegende Gedanken und Hintergedanken, himmlische Wörter, die schon mailen. Die nehme ich gern. Von jedem, der sie verschenken will. Auch Einladungen zu stundenlangen Rückenmassagen, auch Gutscheine für Übernachtungen in eleganten Hotels, ja Dinners in Weltstädten. Nur her damit. Auch kleine Geschenke nach Lesungen (die Rittersport-Schokoladen-Diät ist VORBEI, jetzt bitte eine Banane oder ein Joghurt oder Weintrauben), Gegenstände eben, die meinen Körper am nächsten Tag wieder geschmeidig verlassen: Ich sage mit Dankbarkeit Ja! Noch einmal hundert Mal JA, wenn es bei einer Mail bleibt, in der jemand seine Gedanken und/oder sein Vergnügen (beim Lesen meiner Bücher) ausdrückt. Bitte hinterher nicht auf die bahnbrechende Mailkorrespondenz spekulieren. Sie wird nicht stattfinden. Denn ich werde bereits geschunden und gejagt wie eine freilaufende Hyäne.
Ich will versuchen, auf jede der zahlreichen Mails zu antworten, die freundlich ist und ohne Häme auskommt. Denn wer auf Erden würde sich nicht über das Amüsement der LeserInnen über seine Arbeit freuen. Auch Hinweise auf (Druck-)Fehler sind willkommen. Wer das nicht schafft, eben alle notorisch Beleidigten, die gern und ausgiebig auf meine Bücher spucken, bitte: Don’t write! Bedenken Sie, wie jämmerlich Sie als virtueller Maulheld wirken. Drängt es Sie tatsächlich, loszuprusten, dann kommen Sie zu einer Lesung, stehen hinterher auf und machen Ihrem geschundenen Herzen Luft. Das hat Format, das bringt Glanz in Ihr Leben.

 

Nick Cave – Der Tod des Bunny Munro

Bunny_Munro
Nick Cave schreibt so wie er Musik macht. Laut, rebellisch, surrealistisch und manchmal etwas beängstigend. Dieses Buch hat wirklich das Attribut „abgefahren“ verdient. Die Handlung wäre schnell erzählt – aber Nick Cave versteht es, die Charaktere sehr genau zu zeichnen und aus Situationen, die man in einem Satz beschreiben könnte, ein ganzes Knäuel an Eindrücken, Perspektiven, Assoziationen zu knüpfen. Auf den ersten Seiten denkt man „oh – da legt aber einer in einem Tempo los, was schwer zu halten sein wird“. Aber da täuscht man sich. Obwohl man das ganze Buch über ahnt, wie die Sache ausgeht, bleibt es doch spannend und wird nie ermüdend.
Den Hauptheld Bunny Munro begleitet die gesamte Geschichte sein neunjähriger Sohn. Das hat es für mich besonders intensiv gemacht. Als Vater eines gleichaltrigen Kindes will man eigentlich immer wieder am liebsten eingreifen. Das Leben führt die Lebenden in die unmöglichsten Situationen und es geht immer weiter und auch der Junge schafft sich in dieser Gegenwart ohne Zukunft seine Welt und seine Motivation das vor ihm liegende „zu schaffen“. Das ganze Buch baut darauf auf, gewisse Situationen immer in der Perspektive von Vater UND Sohn zu erzählen.
Ich hoffe, dass Nick Cave es weiter schafft, so gut Musik zu machen wie er schreibt und dass er weiterhin so gut schreibt, wie er Musik macht.
 

Philipp K.Dick – Der unmögliche Planet

Philip K. Dick - Der unmögliche Planet

Philip K. Dick – Der unmögliche Planet


Nicht viel Zeit, viel über dieses wunderbare Buch zu schreiben. Man findet hier auf 829 Seiten 30 Science-Fiction-Kurzgeschichten aus den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, die allesamt auf sehr hohem sprachlich Niveau sind. Da sind auch Geschichten dabei, die als Plot für sehr erfolgreiche Filme in unserer Zeit herhielten. The Minority-Report sei als Beispiel genannt.

Stephen King – Shining

Shining
Noch ein Werk aus grauer Vorzeit. Vor 29 Jahren erschien dieses Meisterwerk eines Genres, welches die Urängste des Lesers anspricht. Das Buch ist packend, obwohl man einigermaßen weiß, wie die Geschichte läuft und dass es am Ende zwar einige Tote gibt aber doch alles gut wird. Stephen King ist ein Meister in der Beschreibung von kleinen Details – er zeichnet Bilder, die plastisch vor einem stehen. Die Figuren des Romas erhalten zwangsläufig ein Gesicht, man leidet und bangt mit ihnen. Er ist ein Psychologe, der genau weiß, welch finstere Welten sich in manchen Köpfen befinden. Man kann nur froh sein, dass diese mit Sicherheit existierenden Dinge nicht den Weg in die Wirklichkeit finden und jeder der nicht von solchen „Dämonen“ besessen ist, sollte dafür dankbar sein.
Stephen King, weiß wie man den Leser das Fürchten lehrt. Der Hauptheld ist ein kleiner Junge mit seinen Eltern, die den Winter abgeschnitten vom Rest der Zivilisation in einem Hotel verbringen müssen, welches eine dunkle Vergangenheit hat. Wer hat nicht schon mal von endlosen dunklen Gängen in einem Hotel geträumt. Ein Hotel welches dutzende Türen besitzt. Man weiß nicht, was sich hinter den Türen genau befindet. Klar man vermutet es – aber die Fantasie beginnt zu arbeiten. In Shining wird dieses Szenario bis zum letzten ausgereizt und jeder ist froh, wenn die Haupthelden und man selbst die letzte Seite erreicht haben.
Dieses Buch muss man auf jeden Fall gelesen haben – es ist die Mutter eines ganzen Genres!

John le Carre – Der Spion, der aus der Kälte kam

Der_Spion
Eine Empfehlung eines Freundes – sehr kurzweilig zu lesen. Man merkt dem Buch an, dass es bereits 1963 geschrieben wurde. Aber die Erzählkraft le Carres strahlt über die Jahrzehnte. Auch wenn das Buch heute herauskommen würde, hätte es sicher ein breites Publikum.
Thema des Buches ist „der Verrat“. Man taucht ein in die die Welt der (Doppel-) Spione des kalten Krieges. Menschen, die alles aufgeben, um ihrem Land zu dienen. Beide Seiten sind kompromiss- und skrupellos – der Erfolg eines Systems über das andere steht über allem. Es geht auch immer wieder um die Frage, welche Opfer für den Sieg des Ganzen angebracht bzw. gerechtfertigt sind.
Klar der Osten und insbesondere meine Stadt Leipzig kommen in dem Buch nicht gerade gut weg. Teile der Geschichte spielen in einem mausgrauen Leipzig-Neuenhagen – was nach meiner Kenntnis nie existiert hat. Aber es gibt auch hier im Osten einen Menschen, der charakterlich positiv dargestellt wird – das macht schon mal Mut.
Das Buch kann gut und gerne als die Mutter aller Spionagethriller gelten. Es bedient alle Klischees dieser geheimen Welt und enthüllt auch ihre ganze Aberwitzigkeit. Ich kann das Buch jedem empfehlen der feinsinnige Plots sprachlich geschickt aufbereitet mag. Für eine Aufarbeitung des Ost-West-Konflikts dient es sicher nicht, möglicherweise aber als Zeitzeuge einer glücklicherweise untergegangenen Welt.
Immer wieder kommt beim Lesen des Buches auch der Vergleich mit den gegenwärtigen Methoden und Technologien auf, die den Geheimdiensten heute zur Verfügung stehen. Wenn dann noch dieser fanatische Ehrgeiz der damalige Zeit hinzu kommt ist die Freiheiut tatsächlich in Gefahr.

Andreas Altmann – Reise durch einen einsamen Kontinent

Reise_durch_einsamen_Kontinent
Es gibt Bücher, die bewegen etwas. Ein solches ist das Buch von Andreas Altmann „Reise durch einen unbekannten Kontinent – Unterwegs in Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien und Chile„. Ich bekam das Buch zu Weihnachten von meiner lieben Annett geschenkt und habe es in wenigen Tagen aufgesogen. So müsste man schreiben können. Alles ist dicht gedrängt und es ist kein klassischer Reiseführer oder Reiseroman. Nicht die Erfahrungen in grandioser Natur stehen im Vordergrund – keine Berge, Seen, extremen Verhältnisse wie Hitze, Kälte, Höhe usw. sondern einzig und allein Erlebnisse mit Menschen werden in einem atemberaubenden Tempo und in großer Dichte erzählt.
Nach wenigen Seiten legte ich mir einen Stift zur Seite, um manche Passagen zu markieren – hier einige Ausschnitte:

  • Ich vermute, dass ich meine Refexe überprüfen will. Jenen Reflex vor allem, mit wenig leben zu können. Oder ob ich schon einknicke und nach Komfort Ausschau halte, nun endlich ein Wohlfühl-Kasper geworden bin, den keine andere Leidenschaft mehr antreibt, als sich ununterbrochen wohlzufühlen.
  • Es gibt ein Menschenrecht auf Allein-sein-Dürfen.
  • Wir sterben nicht an den Gefahren, wir sterben an unserer Angst vor diesen Gefahren.
  • Wie bei Señora Botero de Mejia aus der Calle 66 in der kolumbianischen Hauptstadt. Sie nährt ihr Herz mit der Fürsorge um andere. Glücklich wohl jeder, in dem ein Feuer lodert.
  • Ein Krieger darf den Kopf nicht hängen lassen, denn dabei würde er den Blick auf den Horizont seiner Träume verlieren.
  • Erst wenn man unterwegs ist, begreift man, dass die größte Entfernung die größten Illusionen weckt und dass Alleinsein sowohl Vergnügen als auch Strafe ist. (Paul Theroux)
  • Bobby Leech war ein Haudegen, schloss sich 1911 in ein Fass ein und jagte die Niagarafälle hinunter. Und überlebte. Klar, verbeult, zerschunden, aber am Leben, bald schon wieder einsatzfähig. Jeder der bereits neben dem Weltwunder stand, hat eine Ahnung, wie gering die Aussichten für den Waghalsigen waren, heil davonzukommen. Aber die Story geht weiter. Jahre später wandert Mister Leech nach Neuseeland aus, wandert über einen Bananenschale, rutscht aus und bricht sich das Genick. Das ist selbstverständlich auch eine lustige Geschichte, weil sie uns Mut macht und jeder Vorhersehbarkeit widerspricht, zweimal widerspricht. Auf überraschende Weise verringert sie unseren Angstpegel.

Für mich ist das Buch auch deshalb so wichtig, weil Altmann ziemlich genau auf der Fährte wandert, die ich zusammen mit Annett 2000/2001 ebenfalls durch Südamerika entlang reiste. Viele Städte hat er ganz anders und intensiver erlebt als wir damals – manche Erlebnisse ähneln sich auch – da ist der Schuhputzer mit den intelligenten Augen, die Bergleute in Potosi, die schlafenden Europäer in den Bussen, die das wirklich interessante dadurch verpassen.
Für mich ist dieses Buch auch der Anlass, in meinem Blog von den Büchern zu berichten, die ich gelesen habe.
 

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